Zu Snipers Bericht Zwangsprostitution -
https://www.lustscout.men/wbboard/showthread.php?t=48280
möchte ichzur Diskussion stellen eine Stellungnahme von Dona Carmen e.V.:
sniper schrieb:Quelle : http://www.stoppt-zwangsprostitution.de/index.html
http://www.donacarmen.de/?p=153
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Theologen als Marktanalysten - Oder:
Wie man Prostitutionskunden Verantwortung und Schuld in die Schuhe schiebt[/SIZE]
Neben dem Märchen, dass Menschenhandel in Deutschland enorme Ausmasse erreicht habe, gehört die Botschaft, dass der Kunde erst den Markt für sexuelle Dienstleistungen schaffe und deshalb auch für Zwangsprostitution verantwortlich sei, zu den zentralen Botschaften der gegenwärtigen Anti-Freier-Bewegungen.
Warum die Debatte über die Verantwortung von Freiern?
Martin Rosowski, als Theologe verantwortlich für die Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland, einer Unterstützerorganisation der Kampagne "Stoppt Zwangsprostitution", schrieb kürzlich: "Der Respekt vor dem Leid der Menschen, die Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel geworden sind, verbietet es, allzu leicht die Normalisierung einer Sphäre zu fordern, in der Gewalt, Unterdrückung und Ausbeutung immer auch eine Option des Geschäftes sind: Jeder Kunde im Sexgeschäft muss sich im Klaren sein, dass er mit seiner Nachfrage nach käuflichem Sex genau den Markt schafft, der sich ohne Skrupel des Menschenhandels bedient. Doch die Kunden können Verantwortung zeigen, indem sie der Gewalt im Milieu entgegentreten und Szenen meiden, die Menschenhandel vermuten lassen oder sie können ihren Verdacht auf Menschenhandel einer Beratungsstelle oder der Polizei mitteilen." (EFD-Mitteilungen 431, 10/2005, S. 25 ff.)
Die Medien belehren uns täglich, dass auch auf den Märkten für öl oder Gas Gewalt, Unterdrückung und Ausbeutung eine Option des Geschäfts sind. Welcher vernunftbegabte Zeitgenosse würde deshalb ernsthaft behaupten, dass es sich deshalb verbiete, die Normalisierung einer solchen Sphäre zu fordern, wie Rosowski argumentiert? Umgekehrt würde ein Schuh draus: Normalisierung wäre gerade dann gefordert, wenn Gewalt und Ausbeutung im Spiel sind. Aber bei der Beschäftigung von Theologen mit Prostitution bleibt die Logik nicht selten auf der Strecke.
Theologe Rosowski nutzt sicherlich auch öl und/oder Gas. Schlecht vorstellbar, dass die Verantwortung des Kunden Rosowski ihn auf Gas und öl verzichten ließe und er im Winter seine Heizung komplett drosseln würde, nur weil auf den Rohstoffmärkten Gewalt und Ausbeutung eine Option des Geschäftes sind. Die Folge wäre nur die Erkältung des Theologen, nicht die Abschaffung von Ausbeutung und Gewalt. Auch ein Anruf bei der Polizei würde nicht weiter helfen.
Glücklicherweise ist der Markt für sexuelle Dienstleistungen bei weitem nicht so gewaltförmig wie der für fossile Brennstoffe. Dennoch ist der Sexmarkt immer wieder Objekt interessierter Betrachtung von Theologen und ihnen nahe stehender Menschen.
So machte etwa der zum Katholizismus neigende Jurist Prof. Renzikowski deutlicher als sein evangelischer Bruder im Geiste klar, dass es bei der Diskussion um die Verantwortung der Freier eigentlich im Kern um deren Strafbarkeit geht: Hinter der generellen Straflosigkeit der Freier verbirgt sich die Vorstellung: Prostitution sei ein notwendiges übel zur Befriedigung überschüssiger Triebe: Besser ein Bordellbesuch als eine Vergewaltigung! über die Strafwürdigkeit der Endverbraucher kann kein Zweifel bestehen. Die Bezeichnung Verbraucher trifft den Kern, weil diese Leute die betreffenden Frauen nicht als Personen, sondern als Ware behandeln und dadurch das sexuelle Selbstbestimmungsrecht und die Menschenwürde der Opfer verletzen. Die wahren sexuellen Ausbeuter sind also die Freier. (Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, 20.10.2004)
Im Unterschied zum evangelischen Theologen spricht der Katholizist Klartext: Die Debatte über die Verantwortlichkeit des Freiers für Zwangsprostitution soll via Freierstrafbarkeit zur Abschaffung nicht nur der Zwangsprostitution, sondern zur Abschaffung der Prostitution als solcher führen. Beide Male bedient man sich dabei der Phrase vom Kunden, der den Markt und damit die Nachfrage schafft. Was hat es damit auf sich?
Schafft der Kunde den Markt?
Die These "Der Kunde schafft den Markt" knüpft an die zunächst banale Tatsache an, dass sexuelle Bedürfnisse (hier: des Mannes) nicht nur von jeweils einer Partnerin befriedigt werden. Seit der Existenz von Warengesellschaften erfolgt auch die Befriedigung dieser Bedürfnisse kommerzialisiert über den Kauf und Verkauf sexueller Dienstleistungen.
Wer - wie die christlichen Kirchen - die Käuflichkeit sexueller Dienstleistungen bzw. die Existenz eines Marktes für sie beklagt, müsste konsequenterweise die Abschaffung von Geldwirtschaft und Kapitalismus fordern. Dass sie dies nicht tun, ist eben christliche Doppelmoral. Der Markt wird geduldet, moralische Vorbehalte gegenüber dem Sexmarkt nun auf die Prostitutionskunden gelenkt. Sie werden als Sündenböcke für sämtliche übel dieses Marktes öffentlich verantwortlich gemacht und stigmatisiert.
So wird die Verantwortung und Schuld von Freiern konstruiert. Gleichzeitig wird diese Schuld durch Dramatisierung des Menschenhandels (40.000 Zwangsprostituierte) künstlich aufgebauscht und öffentlich skandalisiert. Verantwortung und Schuld von Freiern erscheinen so in besonders krassem Licht.
Unerwähnt bleibt dabei, dass der Umfang des so genannten Menschenhandels gar nicht vom Verhalten der Freier, sondern vornehmlich von einer Vielzahl anderer Faktoren abhängt. Etwa von der rechtlichen Definition des Menschenhandels. So kann Menschenhandel in dem Maße zunehmen, wie dessen rechtliche Konstruktion die Unterscheidung von erzwungener und freiwilliger Prostitution systematisch relativiert. Damit haben es die politischen Eliten jederzeit in der Hand, ausländische Prostituierte aus relativ nichtigen Gründen (z.B. bei mangelnden Beherrschung der deutschen Sprache) als Opfer abstempeln und ausweisen zu können.
Der Markt hängt nicht einseitig vom Verhalten der Freier ab, sondern vor allem vom Wohlstandsgefälle zwischen verschiedenen Staaten und Regionen, von faktisch vorhandenen Möglichkeiten zur Migration, aber auch von historisch geprägten Mentalitäten im Umgang mit Sexualität ab. All diese Faktoren zu leugnen und sie in der Phrase vom Kunden, der erst den Markt schafft, zusammenschnurren zu lassen, ist intellektuell genauso anspruchslos und dürftig, als würde man umgekehrt behaupten, das Angebot sei die Ursache für die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen.
Ideologische Scheingefechte auf dem Niveau von Henne und Ei tragen nicht das Geringste zur Regelung gesellschaftlicher Probleme bei, sondern eignen sich bestenfalls für Schuldzuweisungen und Stigmatisierungen zum Zwecke der Sexualkontrolle. Würde man ideologisch unvorbelastet mit Prostitutionsmigration umgehen und eine unbürokratisch zu erwerbende Green Card für ausländische Prostituierte einführen, wäre das Problem mit dem so genannten Menschenhandel weit gehend gelöst.
[SIZE="1"]Fortsetzung folgt:[/SIZE]