Die Bürger und ihre Bordelle (Zeitungsbericht)
#1
FNP vom 26.10.2004
Altenstadt und Friedrichsdorf schätzen die rentierliche Nachbarschaft der Mädchen
Die Bürger und ihre Bordelle
Von Georg Haupt

Altenstadt/Friedrichsdorf. Sie heißen «Oase» und «Atlantis», doch hinter den für neu-gierige Blicke stets verschlossenen Türen geht es meist viel weniger romantisch zu: Hier gibt es gegen Geld jede Art von Sex. Die Geschäfte gehen gut. Im Taunus-Städtchen Friedrichsdorf und der Wetterau-Gemeinde Altenstadt weiß man deshalb die Nachbarschaft der Mädchen zu schätzen, die in den laut eigenen Werbeaussagen zu den größten derarti-gen Gewerbebetrieben Deutschlands zählenden Clubs anschaffen gehen. Beim Geschäft mit nacktem Fleisch gibt es nämlich weder Kurzarbeit noch Entlassungen und Geld stinkt bekanntlich nicht – erst recht nicht das in der jeweiligen Stadtkasse.
Ganz stille Genießer waren sie in Altenstadt. Rund 100 Mädchen verwöhnten dort jahrelang die Besucher und damit auch Hauptamtsleiter Carsten Krätschmer, dem die Finanzen der Großgemeinde unterstehen. Der Beamte verweigert zwar unter Berufung auf das Steuerge-heimnis brav jede Auskunft über die Rentierlichkeit der sündigen Nachbarschaft, die sich in einem Gewerbegebiet vor den Toren der Kernstadt bumsfidel eingerichtet hatte, lässt sich zumindest aber entlocken, dass die Altenstädter Finanzen «nicht auf die Einnahmen des At-lantis angewiesen» seien.

Dafür aber vielleicht andere. Taxiunternehmer und Restaurants hätten rund um den Betrieb des FKK-Clubs prächtig mitverdient, weiß Rolf Corvinus, dem das Grundstück gehört, auf dem das Atlantis seine Kunden empfängt, von denen zahlreiche im Internet ausführlich ihre amourösen Erfahrungen schildern.

Vielleicht war es das, was Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft in Gießen auf den Plan rief, vielleicht aber auch die Enttarnung des unter seinem Gäste-Namen «Kripo-Olli» bekannten Polizisten aus Reichelsheim, der Dauergast im Atlantis war und die Hausherren stets auf be-vorstehende Kontrollen seiner Kollegen aufmerksam gemacht hatte. Jedenfalls standen im März dieses Jahres plötzlich statt lüsterner Männer uniformierte Ermittler vor der Tür, die bei der anschließenden Razzia Hinweise auf Menschenhandel, Steuerhinterziehung und Zuhälte-rei fanden; von den kontrollierten Frauen stammten 80 aus Osteuropa und hielten sich illegal in Deutschland auf. Es gab Verhaftungen, ein Hauptverdächtiger, der 55-jährige Walter Emil Schwellinger, flüchtete nach Ibiza. Die Staatsanwaltschaft ließ das Bordell schließen.

Von da an ging’s bergab. Nun fiel plötzlich auch der Bauaufsicht auf, dass das Etablissement eigentlich nur für einen Disco-, Bade- und Wellnessbetrieb um Genehmigung nachgesucht hatte, während tatsächlich im Mittelpunkt des Geschäftsbetriebs die Prostitution stand. Zwar flackerte das Geschäft mit Hilfe juristischer Einsprüche noch einmal kurz auf, doch die Zei-ten, da die Betreiber auf ihrer Homepage unter der Rubrik Stellenanzeigen «Top-Hostessen» suchten, denen «Mega-Verdienste» versprochen wurden, scheinen ebenso vorbei, wie die gleich daneben stehenden Hinweise auf die Gastronomie- und Hotelszene Altenstadts. «Beim Gewerbeverein der Gemeinde wird man einen gravierenden Rückgang auf breiter Front fest-stellen», mutmaßt Grundstücksbesitzer Rolf Corvinus. Er selbst hat die Hoffnung aufgegeben, einen auch nur annähernd zahlungskräftigen Nachmieter für das geschlossene Atlantis zu finden.

Da gibt es für die «Sauna-Oase» im Friedrichsdorfer Stadtteil Burgholzhausen schon bessere Perspektiven, auch wenn im nur 30 Autominuten von Altenstadt entfernten Taunus kaum etwas anderes stattfindet, als in der benachbarten Wetterau. «Ich würde nicht sagen, dass es dort keine Prostitution gibt», so Bürgermeister Horst Burghardt hörbar um Verschleierung bemüht. Die muss der Rathauschef mit Grünen-Parteibuch auch durchhalten, denn in weni-gen Tagen wollen die Friedrichsdorfer Stadtverordneten eine «Vergnügungsabgaben-Satzung» verabschieden, die zwar nicht alleine die «Oase» betreffen wird, von deren Gewinn dann aber jährlich rund 100 000 Euro in die städtischen Kassen fließen sollen. Köln und Braunschweig hätten solche Satzungen bereits und das gar nicht so weit entfernte Limburg auch, versichert Burghardt. Außerdem überprüfe das Ordnungsamt laufend, ob alles mit rechten Dingen zugehe.

Bei so viel Korrektheit lassen sich auch die Oase-Geschäftsführer nicht lange bitten, auf die tiefe Verwurzelung im Geschäftsleben der Heimatgemeinde hinzuweisen. Man beschäftige rund 30 Mitarbeiter (die selbstständig arbeitenden rund 60 Damen Damen nicht mitgerech-net), von denen viele in Burgholzhausen wohnten, sei guter Kunde bei Reinigungsunterneh-men, Bäckern, Metzgern und Getränkelieferanten am Ort, heißt es. Sogar die Bandenwer-bung auf einem Fußballplatz in der Nachbarschaft ließ man den Liebestempel-Betreibern noch durchgehen, aber als diese auch noch Geschwindigkeits-Anzeigetafeln sponsern woll-ten, wurde es den Stadtvätern dann doch zu peinlich.

Dass dennoch bei überraschenden Besuchen der Polizei immer wieder minderjährige «Mas-seusen» oder auch illegal in Deutschland arbeitende Frauen angetroffen werden, ist dem Bürgermeister nicht verborgen geblieben. Mit der Moral sei das eine ganz schwierige Sache, sagt Horst Burghardt. «Erst recht mit einem Defizit von 1,9 Millionen im Haushalt.»
#2
dieser Georg sollte mal ficken gehen.