Verurteilung wegen Stealthing
(19.12.2018, 11:25)Bronto8 schrieb:
(19.12.2018, 10:46)nerdbuster schrieb: ... Es gilt aber natürlich gleichermaßen, dass eine Frau, die z.B. mitten in der Übertragung eines Fussballländerspiels - nachdem sie gerade die Schnittchen auf dem Wohnzimmertisch neu drapiert hat Engel - dem Mann gegen dessen erkennbaren Willen ("lass mir meine Ruhe - ich guck gerade Fussball") in den Schritt fasst (sexuelle Handlung!), in strafrechtliche relevanter Art sexuell übergriffig ist (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren!!!) Dodgy .

Aber mal ernsthaft: Weder dieser Fall, noch eine verschärfte Anmache im Puff sollte uns ernsthaft am Sinn dieser Vorschrift zweifeln lassen.

Br Winke nto
Doch - genau dieser Fall sollte am Sinn der Vorschrift zweifeln lassen! Das Strafrecht ist das schärfste Schwert des Rechtsstaats und der Umstand, dass unzählige Alltgassituationen, bei denen niemand auch nur auf die Idee kommen könnte, es handelt sich um Straftatbestände, kriminalisiert werden, ist - gelinde gesagt - bedenklich. Aus diesem Grund wurde bis Ende 2016 eine Nötigungshandlung verlangt (es reicht hier aus, wenn nur die Hand mit sanftem Druck weggeschoben wird und man sich über diese Abwehr hinwegsetzt etc.). Dies ist aber nunmehr nicht erforderlich, sondern es reicht der erkennbare Wille.  

Der sexuelle Übergriff ist derart weit und unscharf gefasst, dass es einfach nicht absehbar ist, ab wann man sich bereits im Straftatbestand (und was für einem - mind. 6 Monate!) befindet und ab wann (noch) nicht. Das kann nicht sein - und hätte ich es denn gewollt, dass die Frau, die mich zärtlich berührt ("sexuelle Handlung"), obwohl ich gerade noch "nein - wir kuscheln morgen gleich nach dem Aufwachen" gesagt habe ("gegen den erkennbaren Willen"), ohne gerichtlichen oder staatsanwaltlichen Spielraum (es gibt keinen minder schweren Fall etc.) eine Haftstrafe von 6 Monaten bis 5 Jahren erhalten (muss!!!). Hätte hier nicht - wie nach altem Recht - verlangt werden können, dass ich zumindest erst ihre Hand wegschiebe und sie sich mit ihren "Zärtlichkeiten" über diese Abwehrhandlung hinwegsetzt (dann in der Tat Nötigung).

Wahrscheinlich hat jeder erwachsene Mensch schon unzählige Situationen erlebt, in denen er oder sie sich in dieser Weise oder aber der oder die Gegenüber sich strafbar gemacht hat. Die Rede ist nicht von der sexuellen Belästigung (§ 184 i StGB neu - ein vergleichsweise milde bestraftes Deilkt) sondern von dem sexuellen Übergriff (mind. 6 Monate!). Würden alle diese unzähligen Situationen zur Anklage gebacht, wären die Straßen leer und die Gefängnisse voll. Und das bei Handlungen, bei denen das vermeindliche Opfer wohl gar nicht gemerkt hat, dass gerade jemand sich in die Gefahr einer mehrjährigen Haftstrafe gebracht - und diese am besten auch noch erhalten - hat.

Genau diese Fälle sollten am Sinn der Vorschrift zweifeln lassen.

nerdbuster
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Es bedanken sich: peterPowers,Vanguard,Al-B.


Nachrichten in diesem Thema
Verurteilung wegen Stealthing - von Liebling - 18.12.2018, 22:45
RE: Verurteilung wegen Stealthing - von Bronto8 - 19.12.2018, 08:23
RE: Verurteilung wegen Stealthing - von Stuart - 19.12.2018, 10:34
RE: Verurteilung wegen Stealthing - von siola - 19.12.2018, 17:06
RE: Verurteilung wegen Stealthing - von Bronto8 - 19.12.2018, 11:25
RE: Verurteilung wegen Stealthing - von nerdbuster - 19.12.2018, 12:03
RE: Verurteilung wegen Stealthing - von gustavo - 19.12.2018, 16:56
RE: Verurteilung wegen Stealthing - von Smart - 03.02.2019, 04:33