20.11.2009, 21:54
Spiegel online schrieb:Betrugsverdacht bei 200 Spielen
Riesiger Wettskandal erschüttert Europas Fußball
Von Mike Glindmeier und Johannes Korge
Foto: DPA
Schiebung in der Champions League, Manipulationen in der Zweiten Bundesliga und in acht weiteren europäischen Ligen: Der neue Bestechungsskandal im Profifußball sprengt alle Dimensionen. Der Fall stellt den Hoyzer-Skandal schon jetzt in den Schatten - weitere Enthüllungen könnten bald folgen.
Peter Limacher brachte es auf den Punkt: "Das ist der größte Betrugsskandal, den es bisher im europäischen Fußball gegeben hat", sagte der Leiter der Disziplinarabteilung bei der Europäischen Fußball-Union (Uefa). "Wir sind zutiefst betroffen vom Ausmaß abgesprochener Spielmanipulationen internationaler Banden." Damit übertreibt er sicher nicht. Was die Staatsanwaltschaft Bochum an diesem Freitag auf einer Pressekonferenz bekanntgab, betrifft den gesamten europäischen Fußball in bislang ungekanntem Ausmaß - und stellt die Glaubwürdigkeit des millionenschweren Sports massiv in Frage.
Gleich vier Ermittler von Staatsanwaltschaft und Polizei berichteten auf der Pressekonferenz von den neuesten Erkenntnissen über die Wettmanipulationen. Dabei agierten sie mit einer Mischung aus Bedrückung und Genugtuung. Denn auf der einen Seite sind die Zahlen beängstigend: 200 Spiele in halb Europa stehen nach derzeitigem Stand unter Manipulationsverdacht (siehe Infokasten links). Auf der anderen Seite haben die Ermittler einige Erfolge nachzuweisen.
Die bisherigen Erkenntnisse:
In Deutschland sollen drei Spiele der Dritten Liga, 18 Partien der Regionalligen, fünf Spiele der Oberligen, zwei U19-Begegnungen sowie vier Spiele aus der Zweiten Bundesliga manipuliert worden sein. Nach Informationen der "Neuen Osnabrücker Zeitung" soll es sich dabei um zwei Spiele mit Beteiligung des Zweitliga-Absteigers VfL Osnabrück gehandelt haben. Die Erste Bundesliga ist nach bisherigen Ermittlungsergebnissen nicht betroffen.
Parteien in acht weiteren europäischen Ländern sind ebenfalls im Visier, überwiegend Erstligaspiele.
Noch schwerer wiegt der Verdacht, dass auch Spiele der europäischen Top-Wettbewerbe verschoben worden sein sollen. Die Bochumer Staatsanwaltschaft spricht von zwölf Partien der Europa League und drei Champions-League-Spielen - eine Liga, in der die besten Clubs Europas vor Millionen von Zuschauern um Millionen von Euro spielen. Da Begegnungen der aktuellen Europapokalsaison betroffen sein sollen, sind sogar Konsequenzen für den laufenden Spielbetrieb möglich.
Die Polizei ermittelt gegen rund 200 Verdächtige: Zum einen gab es demnach eine "Kerngruppe" von mutmaßlichen Tätern, die durch Bestechung Spielausgänge beeinflussten und auf die Ergebnisse wetteten. Zum anderen gab es die Bestochenen, die die Spiele aktiv manipulierten: Spieler, Trainer, Schiedsrichter und Vereinsoffizielle.
So sollen spätestens seit Anfang des Jahres Partien verschoben worden sein.
Ermittler Ralf Ziegler beschrieb die weiteren Polizeiaktionen in dem Fall:
Am Donnerstag wurden allein in Deutschland 15 Personen festgenommen: in Berlin, im Raum Nürnberg und im Ruhrgebiet.
Zwei weitere Festnahmen gab es in der Schweiz.
Mehr als 50 Durchsuchungen wurden durchgeführt, außer in Deutschland auch in der Schweiz und in Österreich. Dabei wurde mehr als eine Million Euro in Bargeld und Sachwerten sichergestellt.
"Das ist nur die Spitze des Eisbergs"
Die mutmaßliche Tätergruppe um die am Donnerstag festgenommen Drahtzieher aus dem Hoyzer-Skandal, Ante und Milan Sapina, soll durch die manipulierten Spiele bei Wetten in Asien und Europa insgesamt mindestens zehn Millionen Euro erschwindelt haben. Die Polizei rechnet aber mit einem noch höheren Schaden. Etwa die Hälfte aller Manipulationsversuche sei erfolgreich gewesen.
"Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs", sagte Ermittlungsleiter Andreas Bachmann. Laut Staatsanwaltschaft ist davon auszugehen, dass sich sowohl die Zahl der Tatverdächtigen als auch die Zahl der betroffenen Spiele noch erhöhen wird. Aus ermittlungstaktischen Gründen werden zur Identität weiterer beteiligter Personen sowie zu den betroffenen Vereinen derzeit keine Auskünfte erteilt.
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und der Ligaverband sicherten den Ermittlern ihre uneingeschränkte Unterstützung bei der lückenlosen Aufklärung des Skandals zu. "Wir sind froh, dass die staatlichen Behörden mit hoher Kompetenz und der gebotenen Ernsthaftigkeit allen Verdachtsmomenten nachgehen", sagte DFB- Präsident Theo Zwanziger.
Schlimmer als der Fall Hoyzer
Der Fall überbietet schon jetzt alle bisher dagewesenen Manipulationsaffären im Fußball. Zum Vergleich: Im bis dahin größten Wettskandal in der Geschichte des DFB um den deutschen Schiedsrichter Robert Hoyzer ging es um 23 Spiele im DFB-Pokal, der Zweiten Bundesliga und in den Regionalligen. Sie waren so manipuliert worden oder sollten so beeinflusst werden, dass die kroatischen Brüder Ante, Milan und Filip Sapina Hunderttausende Euro verdienten. Ante Sapina wurde damals wegen Wettbetrugs zu zwei Jahren und elf Monaten Haft verurteilt, sein älterer Bruder Milan kam mit einer Bewährungsstrafe davon.
Zu Beginn des Jahres 2005 hatte der DFB einen Hinweis erhalten, dass Schiedsrichter Robert Hoyzer Spiele manipuliert habe. Dieser bestritt die Vorwürfe zunächst, gestand wenige Tage später: Er gab zu, dass von ihm geleitete DFB-Pokalspiel zwischen dem SC Paderborn und dem HSV so manipuliert zu haben, dass der damals drittklassige SC 4:2 gewann.
Der HSV erhielt später vom DFB eine Entschädigung in Höhe von 500.000 Euro und die Einnahmen aus einem Freundschaftsspiel der Nationalmannschaft (circa 1,5 Millionen Euro). Eine Wiederholung der Partie war nicht möglich, da bereits zwei weitere Runden im laufenden Wettbewerb absolviert waren. Zwei von Hoyzer manipulierte Partien jedoch wurden neu angesetzt: Ein Zweitliga-Spiel zwischen LR Ahlen und Wacker Burghausen und eine Partie der Regionalliga Nord zwischen den Amateuren von Hertha BSC Berlin und Arminia Bielefeld.
Mit Material von sid und dpa
http://www.augsburger-allgemeine.de/Home...,4288.html
Meinem persönlichen freundlichen Kroaten vom Bahnhof traue ich sowieso schon seit geraumer Zeit nicht mehr über den Weg - seit es in der Kicktipp-Runde bergab geht... :wein